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Ausschreibung: Sommeruniversität 2021

Die »Macht der Zahlen« vom 28. Juni bis 2. Juli 2021

Das Deutsche Historische Institut Paris lädt im Sommer 2021 zu einer Sommeruniversität ein, um Masterstudierenden und jungen Promovierenden der Geschichtswissenschaft mit Interesse an Frankreich und der frankophonen Welt einen Einblick in seine Arbeits- und Forschungsfelder zu geben. Der thematische Rahmen »Die Macht der Zahlen« ergibt sich aus den Erfahrungen unserer Gegenwart, denen wir eine historische Dimension geben wollen. Wir laden insbesondere junge Forscherinnen und Forscher zur Bewerbung ein, die anschlussfähige Abschluss- oder Dissertationsprojekte verfolgen.

Seit Beginn der Coronapandemie schauen wir auf die Zahl der Neuansteckungen, der Todesopfer und auf die sogenannten R-Werte, neuerdings nun auch auf die Wirkungsrate von Impfstoffen. Die aktuelle Krise führt uns die »Macht der Zahlen« täglich vor Augen, da Zahlen ein offensichtliches Instrument zur Definition, Beschreibung, Bearbeitung und Diskussion sanitärer, sozialer und politischer Probleme sind.

Die Geschichtswissenschaft interessiert sich schon seit Längerem für Zahlen, deren vielfältige Nutzung keine spätmoderne Erfindung ist. Zahlen waren nicht nur für die antiken griechischen (Natur-)Wissenschaften zentral, sondern als Zahlenalphabete auch im griechischen und hebräischen Mittelalter etabliert. Die Einführung der arabischen Ziffern im Okzident ermöglichte die spätmittelalterlichen Seeversicherungen oder die doppelte Buchführung. Zahlen prägten den vormodernen Alltag, so etwa beim Geldwechsel, beim Vermessen, Wiegen oder Zählen von Räumen, Zeiten, Dingen und Menschen. Zahlen wurden außerdem symbolische Werte zugeordnet: Bis heute ist die 13 eine Unglückszahl, die 3 eine Glückszahl. Zahlen waren, und sind es noch, sichtbar in astrologischen Ausdeutungen künftiger Ereignisse und individueller Lebenswege, aber auch in Hausnummern, Kirchbucheinträgen, Geburten- und Sterberegistern und anderen Arten von »Herrschaftswissen«.

In den Geschichtswissenschaften finden sich Zahlen nicht nur in Jahreszahlen und Statistiken, sondern sie chiffrieren im Zuge der Datafizierung und Digitalisierung der Geschichte inzwischen auch Texte, Objekte und Bilder mit Nullen und Einsen. Die Funktionen von Zahlen und die Bedeutung, die wir ihnen für die Konstruktion sozio-politischer Wirklichkeiten oder den Beweis wissenschaftlicher Ergebnisse zuschreiben, variieren. Der den Zahlen zugeordnete Wahrheits- oder Objektivitätsgehalt, aber auch die Möglichkeiten, Evidenz durch Zahlen herzustellen, werden immer wieder wissenschaftlich, politisch und gesellschaftlich diskutiert und neu ausgehandelt. Zahlen bilden Wirklichkeit demnach nicht einfach ab, sondern konstruieren unsere Wahrnehmungen von der Welt und unsere Übersicht über sie. Sie helfen einerseits dabei, Komplexität zu reduzieren und die Welt zu vereindeutigen, andererseits steigern sie wiederum die Komplexität der Gegenwarts- und Zukunftsberechnung. Ein historischer und historisierender Blick auf Zahlen fragt danach, wie Menschen an verschiedenen Zeiten und Orten mit und über Zahlen dachten, diese nutzten, mit ihnen rechneten und kommunizierten oder Zahlen instrumentalisierten und aktualisierten: In welchen Lebensbereichen konzentrierte, offenbarte oder versteckte sich die »Macht der Zahlen«? Warum und in welchen Kontexten suchten Herrschaftsträger und Staaten, aber auch ökonomische, wissenschaftliche, private oder zivilgesellschaftliche Akteure numerisches Wissen zu generieren und in Listen oder Statistiken festzuhalten? In welcher Weise waren und sind Zahlen und die Antizipation zukünftiger Ereignisse miteinander verbunden? Wie prägten Zahlen den Alltag von Menschen, aber auch deren Verständnis von Risiko oder Vernunft?

Das Deutsche Historische Institut Paris lädt Masterstudierende sowie Doktoranden und Doktorandinnen dazu ein, die »Macht von Zahlen« in epochenübergreifender Perspektive im Rahmen der Sommeruniversität 2021, die vom 28. Juni bis 2. Juli in Paris stattfindet, zu diskutieren und zu historisieren. Alle Teilnehmenden werden bereits vor Beginn der Sommeruniversität ein kurzes Paper zum eigenen Interessengebiet zirkulieren (bis 20 000 Zeichen) und in einem ersten Online-Vortreffen im Plenum vorstellen. Während des einwöchigen Treffens werden unterschiedliche Themenfelder verschiedener Epochen diskutiert; ein Reader wird vorab zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmenden erhalten außerdem Einführungen in die Praxis der Digital Humanities sowie der historischen Forschung in und über Frankreich. Einzelne Nachmittage stehen zur freien Verfügung.

Interessierte aus allen Epochen bewerben sich bis zum 25. April 2021 mit einem Kurzexposé (ca. 5 000 Zeichen). Die Bewerbungen sind an den wissenschaftlichen Koordinator des DHIP Dr. Niels F. May zu richten (nmay@dhi-paris.fr). Das Exposé soll Einblick in das geplante oder laufende Master- oder Dissertationsprojekt geben und den spezifischen Beitrag zur Diskussion während der Sommeruniversität skizzieren. Wir ermuntern ausdrücklich, anhand von konkreten (Quellen-)Beispielen methodische Probleme zu diskutieren. Ein Frankreichbezug ist willkommen, jedoch nicht obligatorisch.

Bewerbungsfrist: 25. April 2021

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